Ausblick
Piano-Festival – ein neues Konzertformat
Am Anfang stand die Idee, alle Mitglieder der Chopin-Gesellschaft, die ihren Lebensunterhalt als Künstlerinnen und Künstler verdienen, in einem gemeinsamen Konzert auftreten zu lassen. Sie sollten damit die Möglichkeit erhalten, sich den anderen Mitgliedern und Musikfreunden vorzustellen oder an frühere Auftritte anzuknüpfen. Anfängliche Zweifel, ob der Plan bei den Adressaten ankommt, erwiesen sich rasch als unbegründet. Kaum waren die Einladungen per E-Mail verschickt, trafen auch schon die Zusagen ein. Bald darauf hatten – zur großen Freude des Vorstands – alle 14 Profis ihre Teilnahme bestätigt. Das neue Format „Piano-Festival“ war geboren. Premiere feiert es am Samstag, 26., und Sonntag, 27. Juni jeweils um 15 Uhr im Literaturhaus.
Nicht länger als 20 Minuten, aber es darf gerne etwas Ausgefallenes sein – so lautet die Vorgabe an die insgesamt 17 Künstlerinnen und Künstler, die auf eine Gage zugunsten junger Musizierender verzichten. Laura Sobolewska (Klavier) und Marta Wryk (Mezzosopran) machten solche Raritäten ausfindig. Ihre gesungenen Chopin-Mazurken zählen für Organisatorin Jill Rabenau „zu den interessantesten Vorträgen“ des jeweils knapp vierstündigen Konzertprogramms. Interessant ist allemal der historische Hintergrund. Chopin hatte – ganz gegen seine Gewohnheit, denn er mochte Änderungen an seinen Kompositionen nicht – seiner guten Freundin und berühmten Sängerin Pauline Viardot gestattet, die Mazurken mit Text zu versehen und sie aufzuführen. Damals wie heute also eine Novität, denn Jill Rabenau geht davon aus, „dass die Lieder in Darmstadt noch nie zu hören waren“.
Mit Spannung wird zudem der Vortrag von Lisa Wellisch (Klavier), mehrfache Preisträgerin internationaler Wettbewerbe, und Tatjana Uhde (Cello) erwartet. Die „Märchenbilder“ von Robert Schumann, die sie zum Besten geben, sind ab Mai auf CD zu haben. Wie Lisa Wellisch, die 2011 den Meisterkurs der Chopin-Gesellschaft besuchte und sieben Jahre später mit einem Liederabend im Literaturhaus konzertierte, ist Boris Bloch ein bekanntes Gesicht in Darmstadt. Dem Publikum bringt er an diesem Wochenende seine russische Heimat musikalisch nahe. Sabine Simon, langjähriges Mitglied und Dozentin an der Akademie für Tonkunst, intoniert unter anderem selten zu hörende Liedtranskriptionen von Robert Schumann, Ludwig van Beethoven, Franz Schubert und Fryderyk Chopin, gefolgt von einer fünfminütigen „Carmen“-Fantasie zusammen mit ihrer 13-jährigen Tochter Sofia Moguillansky (Violine), dem jüngsten Mitglied der Darmstädter Chopin-Familie.
Aleksandra Mikulska (Klavier), Präsidentin der Chopin-Gesellschaft, und Lea Birringer (Violine) tragen eine Brahms-Sonate vor, während sich Carmen Piazzini, die 2019 den Meisterkurs der Chopin-Gesellschaft leitete, für Haydn entschieden hat. Henning Brand, Schlagzeuger, Pianist, Komponist, promovierter Diplom-Psychologe und vermutlich der vielseitigste Musiker des Festivals, erweist dem Namensgeber der Chopin-Gesellschaft mit mehreren Stücken seine Reverenz. Mit drei Klavierstücken von Franz Schubert bringt sich der polnische Pianist Artur Pacewicz, Teilnehmer am legendären Chopin-Marathon 2015, dem Darmstädter Publikum in Erinnerung. Von Mariko Sudo (Klavier) und Mathieu Jocqué (Cello) sind Werke von Sergej Rachmaninow zu hören, derweil sich die Griechinnen Leoni Sklia (Klavier) und Alexandra Piperidou (Gesang) für Lieder von Gustav Mahler und Johannes Brahms entschieden haben. Die gebürtige Argentinierin Mariana Röhmer-Litzmann, Pianistin und Musikpädagogin, ist mit gefühlvollen Préludes von Claude Debussy dabei.
Unverkennbar bietet dieses Festival-Wochenende den Musikfreunden alles in allem ein vielseitiges Konzertprogramm, in dem klassisch-romantische Werke dominieren.
Wenn sich das Format bewährt, wird es wohl dauerhaft im Jahresprogramm der Chopin-Gesellschaft zu finden sein.
Die weiteren Veranstaltungen
Umrahmt wird das Piano-Festival von fünf Konzertveranstaltungen, die im Literaturhaus oder in der Orangerie stattfinden. Am 25. April wird die litauische Pianistin Guoda Gedvilaité erwartet. Dem Nachwuchs eine Chance, heißt es am 22. Mai, wenn Anna Karacsonyi und Tomas Nessi ihr Talent unter Beweis stellen. Einblicke in das Liebesleben von Fryderyk Chopin und George Sand gewähren Vera Botterbusch und Laura Konjetzky am 28. Mai mit ihrer Musikalischen Lesung „Lieben oder Sterben“. Magdalena Hirsz und Valentina Pennino gestalten am 13. Juni einen Gesangsabend unter dem Motto „Kleinode der vokalen Kammermusik“. Nach dem Schüler-Mitglieder-Konzert am 10. Juli setzen der Klavierabend mit der japanischen Pianistin Hisako Kawamura am 17. Juli und ein von ihr am Folgetag geleiteter Mini-Meisterkurs im Literaturhaus einen würdigen Schlusspunkt hinter das erste Halbjahr im Programm der Chopin-Gesellschaft.
Zu allen Veranstaltungen bietet die Website www.chopin-gesellschaft.de weitere Informationen.
Vorschau
Vom 22. bis 26. September 2021 findet der XXVI. Internationale Meiserkurs für Pianisten am Sitz der Gesellschaft im Literaturhaus statt. Die Leitung hat der kanadische Pianist Charles Richard-Hamelin.
Der XII. Internationale Chopin-Klavierwettbewerb in Darmstadt ist für den 21. bis 31. Oktober 2022 terminiert.